Stellungnahme der Stadt Radeberg zum Sächsischen Kreisgebietsneugliederungsgesetz und zur Änderung anderer Gesetze
Der Stadtrat beschließt die der Beschlussvorlage beigefügte Stellungnahme der Stadt Radeberg zum Sächsischen Kreisgebietsneugliederungsgesetz und zur Änderung anderer Gesetze.
Der Referentenentwurf zum Gesetz zur Neugliederung des Gebietes der Landkreise des Freistaates Sachsen und zur Änderung anderer Gesetze kann auf folgender Internetseite eingesehen werden: www.smi.Sachsen.de - Verwaltungsreform - Gesetzgebungsvorhaben. Sollte keine Möglichkeit bestehen, dies im Internet anzusehen kann der o.g. Referentenentwurf im Büro des Bürgermeisters zu den Sprechzeiten eingesehen werden.
Anlage
Stellungnahme der Stadt Radeberg zum Sächsischen Kreisgebietsneugliederungsgesetz und zur Änderung anderer Gesetze
Vorbemerkungen :
Der vorgelegte Referentenentwurf berücksichtigt aus Sicht der Stadt Radeberg die bereits mit Beschluss Nr.71/05 vom 26.10.2005 vorgeschlagenen Grundsätze nur unzureichend. Dies betrifft u. a. den Zuschnitt der neuen Gebietskörperschaften nach regionalen, wirtschaftlichen, infrastrukturellen, landsmannschaftlichen und historischen Gegebenheiten. Durch das reine Zusammenlegen bestehender Kreise werden Fehler der letzten Kreisgebietsreform fortgeführt und z. T. potenziert.
Aus Sicht der Stadt Radeberg hätte sich hier die Schaffung eines Regionalkreises Dresden angeboten, womit den regionalen Gegebenheiten deutlich besser Rechnung getragen worden und die regionale Zerstückelung der letzten Reform beseitigt worden wäre.
Auch die bereits 2005 von der Stadt Radeberg angeregte kritische Überprüfung von Funktion und Anzahl der Regierungspräsidien hat offenkundig nur rudimentär stattgefunden. Die vorgesehene Beibehaltung von 3 Mittelbehörden unter der neuen Bezeichnung Landesdirektion zeugt nicht von einer umfassenden sachgerechten Überprüfung. Aus diesem von der Stadt Radeberg so empfunden Mangel rühren Folgefehler für die gesamte Reform her. Insgesamt scheint dadurch für längere Zeit die Chance verpasst worden zu sein, den Verwaltungsaufbau um eine Ebene zu reduzieren, die neuen Kreise deutlich stärker und zukunftsfähiger zu gestalten und gleichzeitig durch Stärkung der unmittelbaren kommunalen Ebene der Städte und Gemeinden die Bürgerfreundlichkeit zu erhöhen. Dies gilt in besonderer Weise hinsichtlich der ebenfalls bereits 2005 angemahnten Stärkung der Mittelzentren.
Die nachfolgende Stellungnahme bezieht sich unmittelbar auf den vorgelegten Referentenentwurf, ohne dabei die Auffassung der Stadt Radeberg von den notwendigen Grundlagen einer Gebiets- und Funktionalreform aufzugeben. Aufgrund der funktionalen Beziehung wird teilweise auch der Referentenentwurf des Gesetzes zur Neuordnung der Sächsischen Verwaltung in die Betrachtung einbezogen.
Zu den Grundsätzen:
Begründung:
Die letzte Kreisreform 1994/1996 hat Auswirkungen auf den vorliegenden Entwurf. Eine in so relativ kurzer Zeit vorgenommen Reformwiederholung steht unter dem Aspekt der Mehrfachneugliederung unter erhöhten Anforderungen. Nachdem offenkundig wesentliche Prinzipien (Sektoralkreisbildung, 3-4 stufiger Verwaltungsaufbau) beibehalten werden, ist es nicht nachvollziehbar, im Leitbild willkürlich eine Einwohnergrenze von 200.000, zudem bezogen auf die Negativprognose des Statistischen Landesamtes für das Jahr 2020, festzusetzen. Betrachtet man den Zeitabstand zur letzten Reform, steht noch nicht einmal fest, ob diese Reform überhaupt bis 2020 Bestand hat. Diese Willkürlichkeit der Leitbildfestsetzung erscheint praktisch und verfassungsrechtlich bedenklich.
Durch eine "Einkreisung" der Stadt Hoyerswerda entstünde ein Landkreis mit 192.000 Einwohnern und einer Größe von 1.429,5 qkm. Im Rahmen der hier vorgesehenen Reformschritte wäre dies praktikabel und noch überschaubar, im Gegensatz zu dem vorgesehenen Gebilde mit dem Landkreis Bautzen.
Das Landratsamt in Kamenz wurde unter Einsatz erheblicher Steuermittel erst vor relativ kurzer Zeit zu einem Verwaltungszentrum mit entsprechenden Unterbringungsmöglichkeiten ausgebaut. Es liegt zentral im Landkreis, ist in ein Verwaltungszentrum mit weiteren Behörden eingebunden, verfügt über eine gute Erreichbarkeit und ausreichende Parkmöglichkeiten. Überdies bedarf die Stadt Kamenz, auch zur Stärkung ihrer mittelzentralen Funktion, deutlich notwendiger der Unterstützung durch den Kreissitz, als die strukturpolitisch stärkere Stadt Bautzen, die zudem insgesamt besser mit Behörden und Gerichtseinrichtungen ausgestattet ist. Die notwendige Bürgerfreundlichkeit lässt sich durch die Einrichtung eigenständiger Verwaltungsstellen in Bautzen und Hoyerswerda sowie der Bildung von Außenstellen u. a. in Radeberg gewährleisten.
Der Name eines Landkreises soll eine Identifikationsmöglichkeit für alle Teile des Kreises bieten. Die willkürliche Festlegung des Namens einer Stadt für den gesamten Kreis kann geeignet sein, eine solche Identifikation zu behindern, statt ihr förderlich zu sein. Diesen Fehler hat bereits der bestehende Landkreis mit der Namensgebung Kamenz gemacht, ein solcher Fehler sollte nicht wiederholt werden. Der vom Kreis Kamenz vorgeschlagene Name "Ostsachsen" erscheint hier besser geeignet. Ebenso könnte an die Ausschreibung eines Namenswettbewerbes in der Bevölkerung gedacht werden, wie dies seinerzeit der damalige Ministerpräsident Prof. Dr. Biedenkopf für unseren Landkreis vorgeschlagen hatte.
Der umfassende finanzielle Ausgleich für die Landkreise ist für die Stadt Radeberg schon deshalb von erheblicher Bedeutung, da andernfalls verbleibende Belastungen wohl über die Kreisumlage den Städten und Gemeinden auferlegt werden. Befürchtungen bestehen hier insbesondere hinsichtlich zu übernehmender Personalüberhänge.
Der Umfang der Aufgabenübertragungen an die kreisangehörigen Städte und Gemeinden erscheint unzureichend. Zwar sind die zu übernehmenden Aufgaben, besonders im Bereich des Straßenverkehrswesens und des Gewerbe- und Gaststättenrechts ein Schritt in die richtige Richtung. Zur Vermeidung von Doppelarbeit sowie zur Erhöhung der Bürgerfreundlichkeit darf hier jedoch nicht stehengeblieben werden. Mindestens für den Bereich der Mittelzentren sollten hier weitere Aufgaben zugeordnet werden, z. B. der unteren Bauaufsicht und Denkmalspflege, der Ausführung der sozialen Angelegenheiten, der Führerscheinstelle und der Kfz - Zulassung. Ein augenfälliges Beispiel für die Unausgegorenheit des Übertragungsumfangs bietet das Straßenverkehrsrecht. So sollen etwa die Aufgaben des § 45 StVO übertragen werden, die des § 46 StVO nicht. Das heißt, Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen oder auch Anwohnerparkscheine werden - zu Recht- übertragen. Da jedoch alle Ausnahmen beim Kreis verbleiben sollen, müssten etwa Schwerbehinderte sich weiter zum Landratsamt bemühen, ebenso z.B. Baufirmen, die zeitweilige Ausnahmen z. B. von Parkzeiten und Parkflächen benötigen. Beides wäre problemlos und sinnfälliger vor Ort zu regeln.
Im Entwurf ist vorgesehen, dass alle Städte, die den Kreissitz verlieren, zu Großen Kreisstädten erhoben werden, unabhängig von Einwohnerzahl und Zentralörtlichkeit. Da dies der Verfahrensweise bei der letzten Kreisgebietsreform entspricht, entsteht so ein relativ umfassendes Netz Großer Kreisstädte ohne Beachtung dieser Kriterien. Es erscheint daher aus Gleichbehandlungsgründen geboten, mindestens alle im Landesentwicklungsplan ausgewiesenen Mittelzentren mit aufzunehmen. Bürger, Investoren und weitere Dritte könnten ansonsten überhaupt nicht mehr nachvollziehen, wieso einige Städte diesen Status haben, andere nicht. Es bestünde die Gefahr, dass in der Außenwahrnehmung die nicht berücksichtigten Städte als niederrangig eingestuft würden, was für die Mittelzentren nicht hinnehmbar wäre. Für den vorgesehenen neuen Landkreis etwa ergäben sich 4 Große Kreisstädte (Bautzen, Hoyerswerda, Kamenz und Bischofswerda), von denen 2 (Kamenz und Bischofswerda) kleiner sind als die Stadt Radeberg, eine davon (Bischofswerda) sogar recht deutlich und ohne eine mittelzentrale Funktionszuordnung. Das dieses Problem nur wenige Mittelzentren betrifft, bestünde auch nicht die Gefahr einer inflationären Entwicklung.
Weitere Anmerkungen:
Auch hinsichtlich der Aufgabenübertragungen auf die Landkreise stellt die Stadt Radeberg in Frage, ob hier jeweils die richtigen Aufgaben übertragen wurden. Insbesondere im Bereich des Schulwesens wäre eine stärkere Kommunalisierung sinnvoll gewesen. Das schwer verständliche Auseinanderfallen von kommunaler Verantwortung für Investition, Unterhaltung und Betriebsmitteln einerseits und der nahezu ausschließlichen Verantwortung für den Einsatz dieser Mittel durch den Freistaat, hätte bei dieser Reform beseitigt werden können und müssen.
Ähnliches gilt für den Bereich der Fördermittelverwaltung. Die neuen Einheiten wären deutlich groß genug, diese Aufgabe zu leisten, andererseits von deutlich größerer Ortsnähe und Sachkenntnis als der Freistaat.
Es erscheint völlig unsinnig, dass nahezu durchgängig die an die Landkreise übertragenen Aufgaben als Weisungsaufgaben ausgestaltet sind. Dies widerspricht eklatant dem Sinn der Übertragung. Hier sollte grundsätzlich eine Einstufung als weisungsfreie Pflichtaufgabe erfolgen.
Der Sinn anderer Aufgabenübertragungen an die Landkreise erscheint aus Sicht der Stadt Radeberg eher fragwürdig. Insoweit sich hier Belastungen und Probleme ergeben, werden diese am Ende auch wieder durch die Städte und Gemeinden mit zu schultern sein.
So erscheint etwa die Übernahme der Straßenbauämter problematisch. Hier wird, wie schon jetzt im Schulbereich, für einen neuen Bereich ein weiteres Auseinanderklaffen von Verantwortungen für dieselbe Sache hervorgerufen. Wenn künftig die eine Seite (Land) nur noch die investive Verantwortung trägt und die andere Seite (Kreis) für die Unterhaltung allein verantwortlich ist, erscheinen Probleme vorhersehbar.
Auch die Aufteilung funktionierender Einheiten auf entweder 13 Behörden oder deren Eingliederung in kommunalferne Großeinheiten erscheint teilweise problematisch. Einerseits besteht die Gefahr, dass entgegen dem Sinn der Reform eine Vervielfältigung der Behörden eintritt. Andererseits droht in erheblichem Umfang Beratungskompetenz, die aktuell den Kommunen zur Verfügung steht, verloren zu gehen. Zudem könnte sich in wichtigen Bereichen flickenteppichartig eine unterschiedliche Verwaltungspraxis zum Nachteil der Betroffenen entwickeln. Dies betrifft z. B. den Sachsenforst, die Umweltfachbereiche der Regierungspräsidien, der Bereich des Arbeitsschutzes oder die Sächsische Landesstelle für Museumswesen.